Was ist Legasthenie?
    1. Zur Geschichte
    2. Wenn eines Tages ein Lehrer, Arzt oder Psychologe zu Ihnen sagt, Ihr Kind hat wahrscheinlich eine Legasthenie, so werden die meisten von Ihnen doch sehr betroffen und ratlos sein. Wir wollen Sie an dieser Stelle zuerst über die Geschichte dieser - immer noch zunehmenden - Leistungsschwäche informieren.

      Bereits 1877 hatte der Mediziner Kussmaul auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht und von »Wortblindheit« gesprochen.

      1916 prägte der Pädagoge Ranschburg den Begriff »Legasthenie«. Allerdings vertrat er die irrige Ansicht, dass Legasthenie »eine nachhaltige Rückständigkeit höheren Grades in der geistigen Entwicklung des Kindes« sei. Wen wundert es also, dass man daraufhin alle Kinder mit dieser Schwäche eine Hilfsschule besuchen lassen wollte. Erst 1951 konnte die Schweizer Psychologin Lindner diese Auffassung widerlegen. Sie wies nach, dass LRS- Kinder in der Regel durchschnittlich bis überdurchschnittlich intelligent sind. Man denke in diesem Zusammenhang an Legastheniker wie Albert Einstein, Leonardo da Vinci oder Hans Christian Andersen.

      Da das Lesen und Schreiben bis heute zu den wichtigsten Kulturtechniken der Menschheit gehört, riskieren Menschen mit einer Lese-Rechtschreibschwäche schnell, ins Abseits ge-drängt zu werden.

      Deshalb ist es wichtig, dass mit Vorurteilen und Missverständnissen aufgeräumt und betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu ihrem Bildungsrecht verholfen wird. Dass das Thema Legasthenie uns alle angeht, beweist auch die Tatsache, dass - leichte Fälle eingerechnet - fast 10 % Legastheniker unter uns sind.

    3. Definition
    4. International ist die Legasthenie als »umschriebene Entwicklungsstörung des Lesens und Schreibens bei normal entwickelter Intelligenz« definiert.

      Das bedeutet, dass biologische Ursachen das Erlernen von Funktionen beeinträchtigen oder verzögern, die mit der Reifung des zentralen Nervensystems verbunden sind. Diese Funktionen müssten jedoch bis zum Einschulungsalter intakt sein, damit das Kind störungsfrei lesen und schreiben lernen kann. Werden die Einschränkungen schon lange vor der Geburt im Entwicklungsgeschehen des Kindes angelegt, so kann man von einer »genetisch bedingten familiären Legasthenie« sprechen. Aber auch während oder nach der Geburt kann es z. B. durch Sauerstoffmangel zu Schädigungen des kindlichen Gehirns kommen und eine Störung verursachen. Das soziale Umfeld, das wesentlich die Entwicklung des Kindes beeinflusst, hat für die Legasthenie lediglich eine zusätzliche Bedeutung.

      Kommen zu der Leistungsschwäche eines Legasthenikers noch zusätzlich unzulängliche Unterrichtsbedingungen hinzu, werden die Probleme für das betroffene Kind erheblich verstärkt.

    Was gestörte Teilleistungen bewirken

  1. Schwächen im visuellen Wahrnehmungsbereich verursachen, dass ähnliche Buchstabenformen wie F - E - L, m - n - r nicht sicher unterschieden und die spiegelbildlichen Buchstaben b - d - g - p, M- W, u - n verwechselt werden. Diese Fehler treten häufig in den ersten beiden Schuljahren beim Lesen und Schreiben auf.

  2. Schwächen im akustischen Wahrnehmungsbereich verursachen, dass das Klangbild der Laute nicht unterschieden wird. Die Laute u - o, i - ö - ü - e, ä - e klingen für einen Legastheniker oft gleich. Die Betroffenen haben Probleme, kurze Konsonanten b - d - g - k sowie lange und kurze Laute - » kann« und » kam«, »kann« und » Kahn« zu unterscheiden.

 

Übersicht

Lese- und/oder Rechtschreibprobleme

Lese- Rechtschreib- Schwierigkeiten

LRS/ Legasthenie

LRS bei Lernbehinderung

6

6

6

vorübergehende Lese-Rechtschreib- Schwierigkeit,

z. B. durch Krankheit, Schulwechsel, seelische Belastungen, Übungsmangel, Methodenfehler (zu rasches Fortschreiten im Unterricht)

ausgeprägte Lese-Rechtschreib- Schwäche bei deutlich besseren Lernvoraussetzungen

Legasthenie

(isolierte Schwäche)

Lese- Rechtschreib- Schwächen im Rahmen allgemeiner Lernbehinderung

Kinder

  • sind für den Besuch einer Grundschule zwar nicht zu schwach begabt, haben aber bei knapp durchschnittlicher Intelligenz Schwierigkeiten mit dem Lesenlernen und dem Rechtschreiben
  • kommen häufiger aus Elternhäusern, die nicht helfen können
  • haben in der Regel keine Schullaufbahnprobleme, sofern sie lesen gelernt haben

Kinder

  • müssen Teilleistungsschwächen kompensieren
  • laufen Gefahr, durch die Lese-Rechtschreib-Schwäche zunehmend auch in den Sachfächern nicht zurechtzukommen, da sie z. B. Textaufgaben in Mathematik nicht lesen können

Kinder

  • lernen alle schulischen Fertigkeiten - Lesen, Schreiben, Rechnen - sehr schwer,
  • gehören einer sehr kleinen Gruppe an: Unter 80 Kindern, die die erste Klasse der Grundschule wiederholt hatten, fand man nur 15 Prozent sonderschulbedürftiger Kinder (Dummer 1982)

Helfen können ein konsequent durchgeführter, langsamer Leselehrgang und später ein zusätzliches Rechtschreibtraining

Legastheniker brauchen ein spezielles Training, das ihre jeweiligen Teilleistungsschwächen berücksichtigt, damit ihr Bildungsanspruch auf eine Schullaufbahn, die ihren intellektuellen Fähigkeiten entspricht, nicht gefährdet ist.

Die für diese Kinder notwendige Hilfe wird in der Sonderschule oder Förderschule für allgemein Lernbehinderte geboten.

 

 

Die Folgen dieser Fehlleistungen sind, dass der legasthene Schüler Schwierigkeiten hat

Die rhythmische und melodische Wahrnehmung hat Bedeutung für die Betonung und die rhythmische Gliederung der Sprache. Störungen in diesen Bereichen machen sich bemerkbar durch monotones Lesen in den ersten Schuljahren und durch Schwierigkeiten bei der Sinnerfassung beim Lesen. Sicher ist, dass Schüler durch eine gezielte Förderung und durch eigenes Ausprobieren je nach Ihren intellektuellen Fähigkeiten Regeln für Ihre eigenen Schwächen aufbauen, so dass sich die Erscheinungsformen im Verlauf der Schulzeit ändern.